Tagebuch
Taipeh 2026 im Blick

Die RI-Convention 2026 wirft ihre Schatten voraus. Unser Redakteur Florian Quanz ist für knapp zwei Wochen vor Ort und erkundet Taiwan.
Florian Quanz wirft nicht nur einen Blick auf die Convention-Vorbereitungen und trifft das Vorbereitungs-Komitee, er wird auch an einer Jubiläumsfeier des Rotary Clubs Taipeh teilnehmen. Anlass der Reise ist eine Clubfreundschaft zwischen seinem Club, dem RC Hamburg-International, und dem RC Taipeh. Lesen Sie hier sein Tagebuch.
Tag 10: This is the end
Der Genießer schweigt. Ich danke allen rotarischen Freundinnen und Freunden, die dieses Tagebuch gelesen haben. Mir bleibt nur eins: Ich bitte alle, im nächsten Jahr zur Convention nach Taipeh zu kommen. Dieses Land, seine Menschen, seine Kultur und seine Herzlichkeit muss man erleben. Dafür gibt es keine bessere Gelegenheit als dies mit vielen Rotarierinnen und Rotariern aus der ganzen Welt zu tun. Wir sehen uns 2026 in Taipeh!
Tag 9: Der Rotary-Shantychor ist geboren
Ich bin immer noch etwas skeptisch. Machen wir das gleich wirklich? Wir sitzen beim Meeting des Rotary Clubs of Taipei. Der älteste Club in Taiwan ist nicht nur ein befreundeter Club meines Clubs, dem RC Hamburg-International, sondern zugleich ein englischsprachiger Club. Verständigung ist also gar kein Problem. Wie wir zuvor erfuhren, wird auch bei diesem normalen Meeting der Chor des Rotary Clubs die "Lighters" für uns als Gäste zu Ehren ein Lied anstimmen. So weit, so gut, dachte ich mir, als ich das erste Mal davon hörte. Nicht gut, dachte ich mir, als wenig später die Anfrage des Clubs folgte, ob nicht der Hamburger Club als Gast auch ein Lied vortragen wolle. Ich denke mir: 'Nein, das wollen wir nicht.' Schlicht und einfach, weil es gar keinen Chor gibt und auch kein Lied, was wir jemals geübt und schon zusammen gesungen hätten.
Doch wer meinen Past Präsidenten Michael Meissner kennt, weiß, ein "Nein" kann es in dieser Frage gar nicht geben. So diskutierten wir bereits am Abend zuvor in unserem Reisebus, welches typische Hamburger Lied wir denn singen könnten. Das Positive, die Auswahl ist enorm. Das Negative, so schnell werden wir uns gar nicht einig. Da gibt es "Rolling Home", da gibt es "Hamburg meine Perle", und den "Hamborger Veermaster". Wir könnten auch "In Hamburg sagt man Tschüss" singen, allerdings, so erfuhren wir, wird zu Beginn des Meetings gesungen, so dass das Lied zumindest vom Thema her nicht wirklich passend ist. Thematisch ebenfalls unpassend ist "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins". Sollte tatsächlich einer der Clubfreunde aus Taipeh dieses Lied in seine Sprache übersetzen, könnte er sich fragen, ob das Thema tatsächlich angemessen ist, und der Freundschaft dient. Mmmmh, gar nicht so einfach.
Letztlich entschieden wir uns für den "Hamborger Veermaster" – aus zwei Gründen: Der Refrain ist englischsprachig und wird somit von allen Anwesenden verstanden, die Strophen sind auf Plattdeutsch, also typisch für Hamburg. Tatsächlich, kaum ist das Meeting eröffnet, alle Gäste begrüßt, wir sind dabei wieder einmal nicht die einzigen, folgt auch schon wenig später der Auftritt der "Lighters". Sie singen ein typisches Rotarylied, mit dem sie bei jedem Meeting Gäste begrüßen. Professionell, wie alles, was mit Rotary in Taiwan zu tun hat, gibt es auch bei den normalen Meetings einen Pianisten, der den Chor begleitet. So etwas haben wir nicht, dafür den Wagemut, der einst schon die Seemänner ausgezeichnet hat, die von Hamburg aus in die weite Welt hinausgefahren sind.
Es ist soweit. Wir müssen nach vorne und singen. Gut, wenn man Clubfreundinnen und -freunde dabei hat, die tatsächlich motiviert sind, und Freude am Singen haben. Gut auch, wenn man mit Johannes Vollmer einen Freund an seiner Seite weiß, der des Plattdeutschen besonders mächtig ist, und sich sofort bereit erklärte, die zweite Strophe alleine anzustimmen. So bleibt für den Rest die erste Strophe und Refrain. Mehr wollen wir nicht singen, denn wir wollen schließlich nicht den Zeitplan unserer taiwanesischen Freunde durcheinanderbringen. Auf der Charterfeier haben sie uns schon gezeigt, wie perfekt ihr Timing ist. Wir wollen nicht riskieren, dass es am Ende heißt, die Hamburger seien schuld, dass man das Meeting um eine Minute überzogen hätte. Johannes gibt den Takt vor und wir alle schmettern "Blow boys blow" nur so durch den Saal, dass es eine wahre Freude ist. Die Freundinnen und Freunde des RC Taipei sind sichtlich beeindruckt. Improvisation, für Hamburger Rotarier gar kein Problem. Der Rotary-Shantychor ist somit geboren. Ich überlege, einen Artikel ins "Rotary Magazin" zu setzen. Ich muss nur meine Redaktionskollegen überzeugen, denke ich mir, während der Hauptgang serviert wird.
Vom Grand-Hyatt-Hotel, wo das Meeting stattfand, geht es anschließend für uns in Richtung Grand Hotel. Als ich es betrete, bin ich sofort von seiner außergewöhnlichen Präsenz ergriffen: ein Palast im klassischen chinesischen Stil – mit roten Säulen, vergoldeten Dachziegeln und einer Monumentalität, die zugleich Respekt, Eleganz und Geschichte ausstrahlt. Und Drachen, ganz viele Drachen. Mehr als 220.000, die Decken und Wände zieren. Das Hotel wurde 1952 gegründet, auf halber Höhe des Yuanshan-Hügels über der Stadt Taipeh gelegen, und war dafür gedacht, hochrangige Gäste – Staatsoberhäupter, Politiker, Diplomaten – zu beherbergen. Wir bekommen eine Führung und Fotos von prominenten Politikern gezeigt, die schon zu Gast waren. Dwight Eisenhower, Bill Clinton und Grace Kelly mit Fürst Rainier, um nur einige zu nennen. Dann geht es weiter in Richtung Rutsche – ein besonderes Highlight des Hotels. Diese wurde für den Fall gebaut, sollte Chiang Kai-shek, der Präsident der Republik China (Taiwan) war, schnell fliehen müssen. "Weißt du, warum die Rutsche so viele Kurven hat?", fragt mich Michael. "Nein, wieso?", frage ich zurück. "Damit niemand von oben die Flüchtigen erschießen konnte."
Ich versuche nun, das Hotel mit einem Wort zu beschreiben, um mich nicht wieder in zu vielen Superlativen zu verlieren. Ich wähle das Wort "außergewöhnlich". Außergewöhnlich durch seine Kombination aus Geschichte, Architektur und Bedeutung. Ein Aufenthalt dort fühlt sich an wie eine Begegnung mit Taipehs Vergangenheit, Gegenwart und mit etwas von seiner staatlichen Würde. Die hat Taiwan, wenngleich die allermeisten Staaten das Land offiziell nicht anerkennen. Das Grand Hotel ist ein Ort, der groß wirkt, der imponiert, aber nicht kalt – vielmehr vermittelt er eine Atmosphäre von Respekt und Stil.
Der Tag klingt beim Dinner aus. Candice und Michael haben ein Séparée gemietet. Bei traditionellem Essen, ich habe irgendwann aufgehört die Gänge zu zählen, genießen wir den Aufenthalt und vor allem die Freundschaft. Bevor wir gehen, wird plötzlich "Rolling Home" angestimmt. Alle singen mit. Es ist ein magischer Moment. Jetzt verstehe ich, was Stephanie Urchick mit "The magic of Rotary" meinte. Ich musste bis nach Taiwan reisen, um diese Magie zu erleben.
Wenig später liege ich im Hotelzimmer auf meinem Bett. Es ist, als lege sich ein stiller Glanz über die Welt.Wenn man nach einem großartigen Tag, getragen von Freundschaft, zur Ruhe kommt, dann liegt in dieser Stunde etwas Erhabenes. Die Gedanken fließen ruhig, das Herz ist weit, und man spürt – ohne es erklären zu müssen – dass das rotarische Leben in seiner Tiefe schön ist. Das Bewusstsein dieser Schönheit trage ich dank all meiner Mitreisenden, aber vor allem dank der Organisatoren Candice und Michael, nun für immer in meinem Herzen.
Tag 8: Der Glanz alter Zeiten
Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ich stehe im Palastmuseum in Taipeh. ist ein Ort, an dem Geschichte in atemberaubender Dichte und Schönheit lebendig wird. Es beherbergt eine der größten Sammlungen chinesischer Kunst und Kultur weltweit. Die Faszination liegt darin, dass hier Jahrtausende chinesischer Zivilisation unter einem Dach vereint sind. Geraldine, unserere Führerin, hat einzelne Objekte ausgesucht, die sie uns näherbringen möchte.
Die Artefakte erzählen von der Entwicklung von Kunst, Philosophie und Macht. Besonders beeindruckend ist die Vielfalt der Exponate – von feinstem Porzellan bis zu filigranen Jadeobjekten. Und, wie Geraldine sagt, nur etwa ein Prozent sind in der Ausstellung überhaupt zu sehen. Jedes Stück scheint eine Geschichte aus der Zeit der Kaiser zu flüstern – eine spannende Kulturreise durch verschiedene Jahrhunderte.
Die Ming- und Qing-Zeit wird in prächtigen Kalligraphien und Malereien greifbar. Viele der Schätze stammen ursprünglich aus der Verbotenen Stadt in Peking. Sie wurden in den Wirren des 20. Jahrhunderts nach Taiwan gebracht, um sie zu bewahren. Zunächst wurden sie vor den Japanern in Sicherheit gebracht, dies noch innerhalb Chinas, und später von den Nationalisten vor den Kommunisten und ihrer später erfolgten Kulturrevolution.
Der berühmte "Jade-Kohl" und das "Fleischstein"-Relief gehören zu den Publikumslieblingen. Ich finde jedoch die ausgestellten Kaligraphien sowie einzelne Ming-Vasen wesentlich interessanter. Für uns wird das Palastmuseum zu einem Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart – und zu einem Ort, an dem Schönheit und Geschichte verschmelzen.
Es gäbe noch viel zu erzählen: von der interessanten Liang Gallery, wo spontan die Geschäftsführerin persönlich eine kurze Führung gibt, von einem Museum für moderne Kunst sowie einer Teezeremonie der besonderen Art und dem Abschluss auf einem Nachtmarkt...
Tag 7: Premieren
Eigentlich wollte ich nicht schon wieder über das Wetter schreiben, aber gerade regnet es so sehr, dass wir nicht wie geplant in den Norden Taiwans fahren können. Aktivitäten draußen sind derzeit keine gute Option. Was bleibt: überdachte Aktivitäten. Michael und unsere Reiseleiterin Irene zaubern sofort Alternativen aus dem Hut und vemitteln das Gefühl, als wäre alles genau so geplant gewesen. Weitere Probleme offenbaren sich, als wir in unserem kleinen Reisebus sitzen. Die Lüftungsanlagen funktioniert viel zu gut und lässt sich nicht abstellen lassen...
Unser erster Stopp führt uns zu einem Tempel mitten in der Innenstadt von Taipeh. Wie der heißt? Gute Frage, nächste Frage. Die Frage, die sich mir aufdrängt, mit welcher Religion bin ich hier im positiven Sinne konfrontiert? Past-Präsident Gero konnte berichten, dass gleich drei Religionen, Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus, diese heilige Stätte für sich nutzen. Währenddessen stehtt Elmar im Regen vor dem Tempel, während wir uns mit Handys und Fotoapparaten zwischen all den Gläubigen bewegen. Er wollte die Gläubigen nicht stören, doch meine Neugier ist zu groß...
Ich verstehe zwar kein Wort, was während der Zeremonie von Mönchen gesprochen wurde. Aber mich faszinieren die Rituale, die ich sehe. Dass auch hier die Menschen die Hände zum Gebet falten und einige auf die Knie gehen, zeigt, wie viele Gemeinsamkeiten es in den Riten zwischen den Weltreligionen doch gibt.
Nach den wenigen Schritten raus aus dem Alltag in die Welt des Glaubens folgt ein Kontrastprogramm: Shopping-Zeit. Wir bekommen sowohl Kunsthandwerk als auch die Welt des modernen Shoppings präsentiert. Und ich darf eine Premiere feiern. Ich trinke meinen allerersten Bubble-Tea. In Deutschland habe ich dies nie gewagt, erzählten mir doch Freunde und Bekannte, dass dies mehr oder weniger purer Zucker sei. Doch hier in Taiwan, wo er erfunden wurde, komm ich nicht daran vorbei. Ich ordere eine Spezial-Variante mit Zucker, der mit Feuer karamellisiert wird. Alleine schon bei der Zubereitung zuzusehen, ist lohnenswert. Ich muss zugeben, der Bubble-Tea schmeckt auch noch sensationell. Es wird nicht mein letzter gewesen sein...
Ich hatte also Premiere beim Bubble-Tea-Trinken. Weitere Premieren folgen am Abend. Wir sind in einer Lounge von Candice und Michael. Ein Büffet ist aufgebaut und an einem großen Simulator können wir Golf spielen. Ich spiele zum allerersten Mal. Beim Abschlag schaffe ich nach mehreren Versuchen 112 Yards. Nicht schlecht für den Anfang, Spaß macht es auf jeden Fall.
Später schmeißt Michael die Karaoke-Anlage an. Meine Clubfreundin Barbara feiert nun Premiere beim Karaoke-Singen. Mehrere Stunden feiern wir in der Lounge bei gutem Essen, Gin Tonic und Bier. Kann ein Abend schöner ausklingen als mit Frank Sinatra, Elvis Presley, Abba oder Adele?
Tag 6: Einmal Japan und zurück
Taipeh liegt uns zu Füßen. Nein, wir sind nicht wieder auf dem Weg ins Restaurant mit Blick auf die Millionenstadt. Wir sind heute im 101-Tower im Zentrum Taipehs. Bevor es jedoch rasant hinauf geht, heißt es erst einmal warten. Zwei Gruppenmitglieder sind noch nicht da. Sie residieren in einem anderen Hotel und wollten zu Fuß zum 101 laufen. Doch sie sind nicht zu sehen. Gerade noch im Anmarsch, finden wir heraus. Wenig später geht es vollzählig rasant hinauf. Und ich spüre nicht einmal wirklich wie schnell dieser Aufzug ist. Denn: Kurz darauf sind wir schon angekommen.
Und nun ein weiteres Mal: Taipeh liegt uns zu Füßen. Der einzige Wermutstropfen: Die Sicht ist wegen des regnerischen Wetters nur eingeschränkt. Dank Michael Meissner erfahre ich einiges mehr über dieses gigantische Hochhaus – ein echter Wolkenkratzer, denn oft genug ragt die Spitze aus den Wolken heraus.
Architektonisch kombiniert Taipei 101 moderne Hochhausarchitektur mit traditionellen asiatischen Symbolen: Die Form erinnert an eine Reihe von Bambussegmenten, was Wachstum und Widerstandsfähigkeit symbolisiert. Kreisrunde Elemente wiederum sollen Münzen und somit Wohlstand darstellen.
Der Taipei 101 liegt im Stadtteil Xinyi der taiwanischen Hauptstadt Taipeh. Mit einer Höhe von 508 Metern einschließlich seiner Antennenspitze war er bei seiner Fertigstellung im Jahr 2004 das höchste Gebäude der Welt. Der Bau mit modernsten Ingenieurtechniken (gegen die häufigen Erdbeben und Taifune) dauerte fünf Jahre. Ein besonderes technisches Merkmal ist der sogenannte "Tuned Mass Damper" – eine riesige schwingungsdämpfende Kugel zwischen dem 88. und 92. Stockwerk, die die Bewegungen des Gebäudes bei starken Winden oder Erdbeben deutlich reduziert. Tatsächlich, der gerade vorbeiziehende Taifun sorgt dafür, dass die Kugel sich bewegt. Wir merken jedoch nichts.
Als nächstes geht es zu einer Elektronikfirma, die uns einen Blick hinter die Kulissen gewährt. Millimetergenaue Präzisionsarbeit. Wir bekommen erklärt, wie eine physische Leiterplatte Schritt für Schritt hergestellt wird: Belichtung, Ätzen, Bohren, Beschichten, dann folgt Lötstopplack und Druck der Bestückung. Auffällig ist, dass in einzelnen Abteilungen nur Frauen arbeiten.
Vieles machen hochpräzise Maschinen. Nur ganz geringe Stückzahlen werden noch in Handarbeit gefertigt. Die einzelnen Komponenten kommen aus verschiedenen Ländern, aus der Volksrepublik China jedoch nur passive Hardware, also nichts, was eigenständig irgendwann Daten an eine externe IP-Adresse übermitteln könnte. Der Besuch dieser Firma unterstreicht, Taiwan ist eine Hightech-Nation und in einzelnen Bereichen Weltmarktführer und uns in Deutschland und Österreich weit voraus.
Der Abschluss des Tages führt uns ins Lieblingsrestaurant von Candice und Michael – ein japanisches Restaurant. Es hätte definitiv einen Michelin-Stern verdient. Namen und Adresse des Restaurants gebe ich gern weiter.
Die abschließenden Worte dieses Tagebucheintrages sollen mal nicht von mir kommen. Clubfreund Johannes Vollmer trägt nach dem Essen zwei Gedichte vor. Ein toller Ausklang des Abends:
Raw fish, chestnut, tuna, red or pink:
Stop! Enjoy! Calm down! And Drink!
Poems of life are swimming by...
Herbst des Landes
Laub des LebensBlätter fallen –
nur: Wohin?
Langsam löst die Zunge sich,
die Sinne beginnen zu tanzen,
erst sanft und leise,
lauter dann,
gar stürmisch, wild und heftig,
Delikatesse um Delikatesse
geraten außer Rand und band.
Da half nur eines: Sake, Sake!
Tag 5: Taipeh liegt uns zu Füßen
Habe ich eigentlich schon über das Wetter gesprochen? Üblicherweise deutet so ein Thema auf eine langweilige Reise hin, doch das ist hier nicht der Fall. Dennoch heute muss ich über das Wetter sprechen. Es ist heiß, richtig heiß, und zugleich nass, ziemlich nass. Heiß an diesem Tag sogar aus zwei Gründen.
Ein Taifun zieht derzeit an Taiwan vorbei und bringt Regen, verdammt viel Regen. Für die Insel ist das jedoch ein Segen, denn in den vergangenen Wochen hat es nicht geregnet. Für mich ist es eine neue Erfahrung. Doch ich bin bestens ausgestattet – einem Tipp von Taiwan-Kenner Michael Meissner sei Dank.
Auch der Tagesplan wird der Wetterlage angepasst. Zunächst gehen wir in das Nationalmuseum. Ich lerne allerlei über Flora und Fauna, über die Ureinwohner Taiwans, über die Geschichte des Landes und vieles über Gesellschaft und Kultur. Mich beeindruckt nicht nur die facettenreiche Ausstellung auf mehreren Ebenen, sondern auch die Konzipierung des Museums. An diesem Sonntag haben auch viele einheimische Familien mit kleinen Kindern viel Spaß, dieses Museum und die Geschichte ihres Landes zu erkunden. Für Reisende nach Taiwan ist ein Besuch ein lohnender Einstieg – vorbeischauen!
Was mich ebenfalls beeindruckt, ist die Architektur des Gebäudes. Denn es ist im Stile des Klassizismus errichtet, und das nicht etwa von den Taiwanesen, sondern vor gut 100 Jahren von den Japanern.
Ab heute verstärkt uns Irene, die uns als Guide von nun an begleiten wird. Zum anderen ist ein Taiwanese, der sich Karl nennt, dabei. Er ist Guide und spricht gut deutsch, möchte aber seine Sprachkenntnisse an diesem Tag weiter verbessern.
Am Dr. Sun Yat-Sen-Memorial, welches zu Ehren des Gründers des modernen Chinas errichtet wurde, lerne ich viel über die Geschichte der Volksrepublik und der Republik China (Taiwan), über politische Entwicklungen über viele Jahrzehnte und auch über heutige politische Debatten. Ich spüre, wie viel Freude Karl dabei hat, uns mit auf eine historisch-politische Reise zu nehmen.
Ach ja, und dann besuchen wir am Nachmittag heiße Quellen, die Beitou Hotsprings. Das Beitou-Thermalgebiet liegt mitten im grünen Vorland von Taipeh — ein Ort, an dem warmes, mineralreiches Wasser, sanfter Nebel und eine jahrhundertealte Geschichte uns umarmen. Nur rund 30 Minuten vom Stadtzentrum entfernt, erwartet uns eine harmonische wie einzigartige Verbindung von Natur, Kultur und Wellness. Eine Millionenstadt wie Taipeh, die solche Naherholungsgebiete aufweist, bietet eine ganz besondere Lebensqualität. Kein Wunder, dass mein Pastpräsident Michael Meissner die Hälfte des Jahres hier verbringt.
Das eigentliche Highlight des Tages kommt ganz zum Schluss: Es erwartet uns ein Abendessen mit einem atemberaubenden Blick über die Stadt Taipeh. Ja, man kann sagen, in diesem Restaurant wird einem die Stadt zu Füßen gelegt. Ein Volltreffer: Einen solcher Ausblick beim Abendessen ist unbezahlbar.
Tag 4: Mein Name ist Bond, James Bond
Ich bin sprachlos. Wer mich kennt, weiß, das passiert selten. Ich erlebe eine Charterfeier, die so perfekt organisiert war, wie noch keine Rotary Veranstaltung zuvor, an die ich mich erinnern kann. Ein so klug durchdachtes und zeitlich perfekt abgestimmtes Konzept ist mir in der rotarischen Welt nie zuvor begegnet. Die Krönung im positiven Sinne, all das ist getragen von einer unbeschreiblichen Gastfreundlichkeit und dem Gefühl, dass eine große Familie zusammenkommt. In diesem Fall war das tatsächlich so, denn bei der Charterfeier sind noch einmal mehr Clubs anwesend als beim Welcome Dinner den Abend zuvor. Mit anderen Worten: der Rotary Club of Taipei bringt die Welt zusammen. Die Charterfeier zum 77-jährigen Bestehen ist im wahrsten Sinne des Wortes eine kleine Konvention.
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, wenn es darum geht das Programm und den Ablauf dieser Charterfeier zu beschreiben. Das große Motto des Abends war Casino Royale. Für mich persönlich der beste James Bond Film mit Daniel Craig in der Rolle des britischen Geheimdienstagenten. Und ja, für alle Nerds von James Bond, ich weiß, dass es zuvor schon einmal einen James Bond Film mit dem Namen Casino Royale gab. Dieses Motto, resultierend aus den 77 Jahren und der Zahl 007, das Agentenkürzel von James Bond, greift der Club immer wieder sehr gekonnt und elegant während der Charterfeier auf. Diese beginnt damit, dass tatsächlich der aktuelle Club-Präsident in einer schauspielerischen Einlage mit weiteren Clubfreunden eine James Bond Szene zum Besten gibt, inklusive Schusswechsel. Zudsem waren an diesem Abend immer wieder auch James-Bond-Songs zu hören, so etwa Writtings on the Wall, im Original gesungen von Sam Smith, heute auf der Bühne perfekt vorgetragen von einer Opernsängerin, und später erklingt an Klavier und Bass das Lied Skyfall, für den gleichnamigen Film gesungen von Adele.
Über das Essen möchte ich nicht viele Worte verlieren, da haben die Freundinnen und Freunde des Rotary Clubs of Taipei bereits am Abend zuvor bewiesen, dass sie sich dort auf 5-Sterne-Niveau bewegen. Beeindruckender für mich war, wie Sie die Freundschaft zu anderen Rotary Clubs pflegen, und den anderen anwesenden Clubs die Ehre erweisen und so deutlich machen, wie sehr sie sich über die Freundschaft und den Besuch freuen. So gab es zum Beispiel eine Flaggenparade mit den Flaggen der Länder, die in Form von Rotary Clubs vertreten waren, die deutsche Flagge wurde dabei zuerst hereingetragen. Jeder Gast-Club wurde persönlich begrüßt und so allen anderen Gästen vorgestellt. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes Freundschaft, wie sie auf rotarischer Ebene gelebt werden sollte. Für meine Clubfreundin und Freunde und mich, ich denke da darf ich auch für alle anderen Mitgereisten sprechen, hat sich noch einmal gezeigt, wie gut die Entscheidung war eine offizielle Freundschaft mit dem Rotary Club of Taipei einzugehen.
Sollte in unserem Club mal wieder eine Charterfeier anstehen, können wir sicherlich die ein oder andere gelungene Idee aufgreifen. In einem Fall bin ich allerdings skeptisch: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es uns gelingt, mehrere Clubfreunde für einen Club-Chor zu begeistern, der dann für die Gäste auftritt und singt. Die Lighters, so der Name des Chores des Rotary Club of Taipei begeisterte nicht nur mit einem rotarischen Willkommenslied, sondern sang mit allen Gästen auch den weltbekannten Klassiker What a wonderful world. Eine persönliche Freude war das Selfie mit RI Past Präsidident Gary C. H. Huang. Ich sammle Selfies mit RI Präsidenten. Nach Holger Knaack, Gordon McInally und Stephanie Urchik kann ich nun auch hinter den Namen Gary C. K. Huang einen Haken setzen.
Tag 3: Familientreffen
Mein erstes Hotel-Frühstück in Taipeh: Auf der einen Seite hat es meine Erwartungen erfüllt, auf der anderen Seite überrascht. Ich hatte mit einem typischen britischen Frühstück gerechnet: Ham und Eggs. Nicht dagegen mit warmer asiatischer Küche – unter anderem Chicken Wings und warmer Reis sowie weitere Köstlichkeiten. Das Angebot lässt keine Wünsche übrig. Lediglich der Kaffee könnte besser schmecken. Aber Taiwan ist eben Teeland.
Die Erwartungen in unserer Reisegruppe an die kommenden Tage , die sich im Frühstücksraum trifft, sind groß. Aber ich sollte besser nicht von nicht Erwartung sprechen, sondern von Vorfreude.
Auch ein bisschen Neugierde liegt in der Luft, denn zuallererst zeigt uns Michael Meissner, Pastpräsident vom RC Hamburg-International, womit er in Taiwan Geld verdient. Er macht greifbar, in welchen Segmenten seine Firmengruppe unterwegs ist: Sicherheitstechnik, in denen Michael und seine Frau Candice, gebürtige Taiwanesin, tätig sind.
Daneben erfahren wir zum Beispiel, dass man in Taiwan immer nur auf der zum Bürgersteig zugewandten Seite des Autos aussteigen sollte. Alles andere ist hier lebensgefährlich bei der Dichte an Motorrollern, die auf den Straßen unterwegs sind. Wir bekommen zudem eine Karte für das Metrosystem, mit der wir digital, wenn sie mit Geldbeträgen aufgeladen ist, die Metro und vieles mehr bezahlen können.
Am Abend das erste Zusammentreffen mit einem einheimischen Rotary Club: Die rotarischen Freundinnen und Freunde des Rotary Clubs of Taipei (der älteste in Taiwan) haben uns und weitere Klubs aus dem Ausland zu einem Welcome Dinner eingeladen.
Was wir an diesem Abend erleben, könnte man als kleinen Vorgeschmack auf die Rotary International Convention bezeichnen, die im kommenden Jahr hier stattfinden wird. An insgesamt vier großen Tischen sind rotarische Freundinnen und Freunde aus Malaysia, aus Hongkong, aus Hawaii und sogar aus der Volksrepublik China, genauer gesagt Shanghai, vertreten. Zudem lerne ich die Botschafterin Belizes kennen, mit der ich mich angeregt unterhalte, die in ihrer Heimat ebenfalls Rotarierin ist. Die Stimmung ist bestens, man kommt ins Gespräch und knüpft Kontakte. Die Clubs stellen sich kurz vor, zusätzlich gibt es Eindrücke von Projekten und dem rotarischen Engagement vor Ort. Für den RC Hamburg-International überreicht Michael Meissner Gastgeschenke des Clubs, unter anderem eine 3-Liter-Flasche Whiskey mit einem Logo, das die beiden Skylines von Hamburg und Taipeh vereint.
Es zeigt sich schnell: Es ist wie ein großes Familientreffen, zumal einzelne Clubs miteinander bereits Global Grants initiiert haben und auf gemeinsame Erfolge anstoßen können. Am nächsten Tag werden wir uns wieder treffen. Denn dann findet die Charterfeier zum 77-jährigen Bestehen des Rotary Clubs of Taipei statt.
Tag 2: Erster Eindruck von Taipeh
Petra Niemann-Heßler, Elmar Zöpf und ich nehmen in einem geräumigen Kleinbus Platz. Begeistert spielen wir mit der Technik an Bord. Wie ein kleines Kind drücke ich die verschiedenen Knöpfe, um Jalousien, Frischluft etc. zu steuern. Das lenkt mich leider von der Umgebung ab, die erste Eindrücke von Taiwan verspricht: unzählige Hochhäuser und dahinter eine Gebirgskette. Die Insel besteht zu zwei Dritteln aus Gebirge, 268 Berge sind über 3000 Meter hoch.
Im Hotel Miramar Garden werden wir gut eine Woche residieren.
Im Hotel angekommen wird uns bewusst: Es ist acht Uhr morgens und die Zimmer werden erst ab 15 Uhr freigegeben. So werden die Koffer sicher verstaut, Getränke in den Kühlschrank gestellt. Dann begeben wir uns auf Erkundungstour. Petra hat einen Stadtplan an der Rezeption bekommen, Elmar orientiert sich per Google Maps. Nach zehn Minuten entdeckt Petra ein Reklameschild für einen Friseur. "Schau mal Elmar, dort kannst du dir die Haare schneiden lassen", erklärt sie. Offenbar kein Scherz, denn die beiden steuern zielbewusst den Laden an.
Wenig später begrüßt uns eine ältere Dame in einem kleinen Friseursalon. Sie kann kein Englisch, wir kein Mandarin. Doch es gelingt Elmar und Petra, sich mit Gesten so zu verständigen. Wenig später sitzt Elmar frisch gestylt vor uns. Eine kleine Rücken- und Nackenmassage gibt es sogar noch obendrauf. Dafür zahlt Elmar lediglich 150 Taiwan-Dollar, das sind umgerechnet 4,18 Euro.
Die weitere Erkundungstour führt uns durch eine kleine Shopping-Mall mit mehreren Essens- und Getränkeständen samt Supermarkt. Drei Straßen weiter werden wir an einem kleinen Straßenladen fündig. Essen, das sprichwörtlich an jeder Straßenecke frisch zubereitet wird, gibt es in Taipeh wie Sand am Meer. Wir bestellen einen Teller mit Nudeln und drei Eistee und sitzen auf dem Bürgersteig. Die Nudeln sind vorzüglich und auch der Eistee überzeugt. In Sachen Essen hat Taiwan schon einmal gut gepunktet. Anschließend laufen wir zurück zum Hotel – draußen sind es inzwischen 25 Grad, später werden es 32 Grad sein. Ich bin vom nasskalten Hamburger Wetter mit seinen 14 Grad nochmal in den Sommer eingetaucht...
Ich klappe meinen Laptop auf und arbeite von Taiwan aus an der November-Ausgabe des Rotary Magazins weiter mit. Die Zeitverschiebung, Taiwan ist sechs Stunden voraus, macht es mir möglich zu arbeiten, während meine Kollegen noch schlafen oder am Frühstückstisch sitzen. Nach zwei Stunden bekommen wir die Zimmerkarte. Die Zeit bis 18 Uhr – dann treffen wir uns alle in der Lobby für ein gemeinsames Abendessen – möchte ich nutzen und ein wenig Schlaf nachholen.
Beim Treffen sind wir zu sechst. Zwei rotarische Freundinnen werden später noch dazustoßen, drei weitere Freunde später anreisen. Michael Meissner, mein Past-Präsident und Gastgeber sowie Organisator der Reise ist nun auch da. An den vergangenen Clubmeetings hatte er immer hybrid aus Taiwan teilgenommen. In einem Restaurant nur 300 Meter weiter genießen Petra, Elmar und ich ein zweites Mal die gute Küche Taiwans und tauschen uns aus.
Tag 1: Anreise
Selbst die üblichen Zugverspätungen können mich nicht stoppen und ich bin rechtzeitig am Airport Frankfurt für den Flug nach Taiwan, wo ich eine einmalige Gelegenheit nutzen werde, ein gutes halbes Jahr vor der RI-Covention Land und Leute kennenzulernen. Und ich bin nicht allein: Petra Niemann-Heßler und Elmar Zöpf, beide Past-Governor (D1890 und D1950), sind auch dabei.
Es wird meine erste Reise nach Taiwan sein, bislang kenne ich nur die Volksrepublik China und Nordkorea in Asien. Die Aufregung steigt mit jeder Stunde. Doch nach der Landung heißt es zunächst einmal warten. Die Schlange bei der Passkontrolle ist lang. Sehr lang. Wir nutzen die Gelegenheit und besprechen ein paar Programmpunkte der kommenden Tage.
Die Kontrolle verläuft reibungslos, das Gepäck ist wenig später auch auf dem Förderband. Und in der Wartehalle steht bereits ein freundlich lächelnder Mann mit einem Rotary-Schild in der Hand. Das ist unser Fahrer. Michael Meissner, Past-Präsident des RC Hamburg-International, und Initator der Reise, hat alles bestens organisiert. Nun startet das Abenteuer Taiwan!
