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Newsletter DEI

Nicht gleichgültig, sondern tolerant

Newsletter DEI - Nicht gleichgültig, sondern tolerant
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Im neuen DEI-Newsletter in D1920 geht es diesmal um die dynamische Mitte und Verständigungswillen.

20.11.2022

Verständigungswille, nicht-gleichgültig und tolerant: Diese als dynamische Mitte bezeichnete Grundhaltung ist wesentliche Voraussetzung für die Umsetzungrotarischer Ziele und Prinzipien wie eben nun auch der DEI. Diese Grundhaltung will entsprechend eingeübt sein, damit sie eben die dynamische Mitte ist, aus der wir in die DEI aufzubrechen vermögen.

 

Der Wille zum Verstehen anderer Menschen und zur Verständigung mit anderen Menschen ist Kernbestand von uns Menschen in Rotary – wie soll ohne diese Grundvoraussetzung die rotarische 4-Fragen-Probe gelingen? Damit wir uns verstehen und verständigen können, müssen wir uns aber unserer eigenen Werte, unserer eigenen Haltung, unserer eigenen Wünsche, Präferenzen, Sorgen und Erwartungen bewußt sein. Und dieser nicht nur bewusst sein, sondern diese auch – hoffentlich – gelingend formulieren, um sich eben mit anderen Menschen im Sinne der 4-Fragen-Probe verständigen zu können.

Kurzum, wir dürfen weder uns selbst noch gegenüber anderen gleichgültig sein. Denn wer gleichgültig ist oder behauptet, gleichgültig zu sein, der entzieht sich des persönlichen Urteils und der damit verbundenen persönlichen Verantwortung. Aber als Menschen in Rotary bekennen wir uns mit unserer Mitgliedschaft im stets persönlichen Urteil zu den Zielen von Rotary. Und übernehmen damit Verantwortung für diese Ziele.

Ob es nun die 4-Fragen-Probe oder Service Above Self ist – für mich am besten mit Dienst vor Eigennutz übersetzt –, wir dürfen als bekennend rotarische Menschen nicht gleichgültig sein, denn wir wollen und sollen im Sinne von Rotary dienen. Und es ist nicht gleichgültig, wem und was wir in Rotary dienen.

Kurzum, wir müssen entscheiden, urteilen, werten. Und wir müssen diese Entscheidungen, Urteile und Wertungen begründen, denn wir wollen uns in Rotary im Sinne der rotarischen Prinzipien über die Entscheidungen und ihre Gründe, über Urteile und ihre Gründe, und Wertungen und ihre Gründe verständigen und einander verstehen. Das kann nur gelingen, wenn zum offenen, aufrichtigen und ehrlichen Verständigungswillen neben der Nicht-Gleichgültigkeit auch die gebotene Toleranz vorhanden ist. Denn wir werden oft genug die Entscheidungen, Urteile, Wertungen von anderen Menschen sowie die von diesen Menschen dafür vorgebrachten Gründe nicht teilen, schätzen oder lieben, sondern ablehnen. Und mit der Ablehnung kommt die Toleranz ins Spiel.

Was Toleranz ist, und wie Toleranz begründbar funktionieren kann, das ist meines Erachtens gut im entsprechenden Werk des Frankfurter Philosophen Rainer Forst ersichtlich. Sein Konzept der Toleranz besteht im wesentlichen aus drei Schritten:

  1. Ablehnungskomponente: Ich muß mir bewußt sein, was ich warum ablehne, denn tolerieren kann ich nur, was ich eigentlich ablehne. Weder Gleichgültigkeit noch Befürwortung führen zur Toleranz.
  2. Akzeptanzkomponente: Obwohl ich etwas ablehne, habe ich gute Gründe, das, was ich ablehne, doch zu akzeptieren. Hier geht es darum, warum ich akzeptiere, was ich ablehne.
  3. Zurückweisungskomponente: Die Akzeptanz dessen, was ich ablehne, hat ihre Grenzen. Diese Grenzen sollte ich aber vorneweg definieren, meine Akzeptanz = Toleranz darf nicht aus einer Befindlichkeit heraus ihr Ende finden.

Insgesamt geht es darum, daß wir uns der Argumente bewußt werden, warum etwas abgelehnt, akzeptiert und eventuell zurückgewiesen wird. Denn über Argumente können wir uns austauschen und verständigen und damit eine hoffentlich qualifiziertere Entscheidung treffen. Toleranz hat auch ihre begründeten Grenzen. So ist die Frage, wie lange der tolerante Mensch die Intoleranz tolerieren kann, relativ leicht beantwortet: Je länger die Intoleranz toleriert wird, desto mehr zerstört die Intoleranz die Toleranz.

Verständigungswille, nicht-gleichgültig und tolerant sein, und das im Rahmen der Ziele und Prinzipien von Rotary und damit von uns Menschen in Rotary. Das ist die dynamische Mitte, mit der Diversität, Gerechtigkeit, Fairness, Unparteilichkeit und Inklusion in und durch Rotary gelingen kann: in und durch rotarische Menschen zum einen nach innen in unserem eigenen Leben und unseren Clubs, zum anderen nach außen in unserem Rotary-gemäßen Dienst an Gemeinschaft und Gesellschaft.

Ihr/Euer rotarischer DEI-Vorsitz D1920
Georg Scheurecker